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Sonntag, 24. August 2014

Rezension: Ein ganzes halbes Jahr von Jojo Moyes

Titel: Ein ganzes halbes Jahr
Autorin: Jojo Moyes
Originaltitel: Me Before You
Genre: Liebesroman
Seitenanzahl: 512
Reihe: Nein
Preis: ab 12,99 EUR
Verlag: rowohlt polaris
Erschienen am 21.03.2013

Lou & Will. Louisa Clark weiß, dass nicht viele in ihrer Heimatstadt ihren etwas schrägen Modegeschmack teilen. Sie weiß, dass sie gerne in dem kleinen Café arbeitet und dass sie ihren Freund Patrick eigentlich nicht liebt. Sie weiß nicht, dass sie schon bald ihren Job verlieren wird – und wie tief das Loch ist, in das sie dann fällt. Will Traynor weiß, dass es nie wieder so sein wird wie vor dem Unfall. Und er weiß, dass er dieses neue Leben nicht führen will. Er weiß nicht, dass er schon bald Lou begegnen wird. Eine Frau und ein Mann. Eine Liebesgeschichte, anders als alle anderen. Die Liebesgeschichte von Lou und Will.

Ich bin hin- und hergerissen und weiß nicht, ob ich begeistert oder enttäuscht von dem Buch sein soll. Wie so oft bei Bestsellern frage ich mich, was die anderen Leser so mitgerissen hat?
Die Story ist nicht neu und erinnert teilweise an ein Märchen. Erfolgreicher, gutaussehender Mann erleidet einen schweren Schicksalsschlag und mutiert zum gebrochenen Einsiedler.
Eine hübsche Frau aus ärmlichen Verhältnissen schafft es ihn aus seiner Einöde zu retten. Jedenfalls fast!
Zwischendurch habe ich mich gefragt, weshalb die Autorin dafür über fünfhundert Seiten angesetzt hat. Dann habe ich begriffen, dass der Leser diese Zeit braucht um eine emotionale Bindung zu Lou und Will aufzubauen. 
Ab der Hälfte, wenn man das Ende der Geschichte erahnt, ist es einfach nur noch ein verzweifeltes Hoffen und Warten. In diesem Teil passierte mir leider zu wenig. Ich hätte mehr "Liebesgeschichte" gebraucht.
Für einen Liebesroman ist es mir eindeutig zu wenig "Liebe". Lou wird sich ihrer Gefühle erst sehr spät bewusst, als längst schon dem letzter Leser klar ist was sie eigentlich fühlt. Im Vordergrund stehen ihre verzweifelte Versuche Will neuen Lebensmut zu geben. Dabei muss sie einige Rückschläge hinnehmen und das hat mich sehr berührt.

Die Charaktere bleiben leider ziemlich flach und irgendwie klischeehaft. Lou ging mir manchmal sehr auf die Nerven mit ihrer unsicheren Art. Als man dahinter kam, weshalb sie so in sich gekehrt ist, wurde es etwas besser. Da konnte ich plötzlich Verständnis für sie aufbringen. 
Ich fande es schade, dass Will nur dieses Schwarz-Weiß-Denken hatte und er sich nicht mit seinem veränderten Leben anfreunden konnte. Dadurch wird dem Leser vermittelt, dass ein Leben als Behinderter nichts mehr wert ist. (=Klischee!)
Wills Eltern habe ich bis zum Schluss ebenfalls nicht verstanden. Ihnen ist wirklich keine andere Idee gekommen ihren Sohn umzustimmen, als eine Pflegekraft/Babysitter einzustellen?
 
Wer einen Behinderten im wahren Leben kennt, merkt schnell, dass nicht alles so Friede, Freude, Eierkuchen abläuft, wie bei Will zu Hause. Lou schläft die ganze Nacht neben ihm ruhig im Bett ohne ihn zu drehen?! Sehr unrealistisch, denn Schwerstpflegebedürftige benötigen viel mehr Pflege und Aufmerksamkeit, als es hier geschildert wird. Auch ein Zwölf-Stunden-Flug ist nicht ohne weiteres möglich.
Aber da Bücher auch dazu da sind eine heile Märchenwelt vorzugaukeln, möchte ich nicht an den einzelnen Details rumnörgeln. Glauben wir einfach, dass es der betrunkenen Lou ohne Probleme gelang, Will nach der Hochzeit vom Stuhl ins Bett zu heben, auch wenn sie ein paar mal auf die Erde gefallen sind.

Am Ende hat mich Lou's Trauer doch sehr mitgenommen, aber es blieb auch ein fader Beigeschmack. Ich kann Will's Entscheidung verstehen, aber wie oben erwähnt, wertet es auch das Leben eines Behinderten ab, und das finde ich als Botschaft unpassend.

Der Schreibstil ist flüssig, aber leider auch platt und erinnerte mich teilweise an einen Schlunzenroman. Von hochtrabender Literatur ist das Buch weit entfernt. Aber auch das ist vertretbar, so lassen sich die fünfhundert Seiten wenigstens gut weglesen.

Wie man merkt, bin ich hin- und hergerissen, ob ich das Buch jetzt gut finden soll oder nicht.
Da ich so viel über die Geschichte nachgedacht habe, hat sie mich wirklich berührt und das sollte doch ein gutes Buch ausmachen. Oder? Auch wenn mir nicht alles gefallen hat. Das Thema lässt niemanden kalt.

Daher empfehle ich jedem sich eine eigene Meinung zu bilden.



Wer über den platten Schreibstil und die schlecht recherchierte Geschichte hinwegsieht, wen es nicht stört, dass es kein herkömmlicher Liebesroman mit Happy End ist, dem kann dieses Buch auf jeden Fall gefallen. Ich gebe zu, dass ich sehr kritisch war. Die Geschichte regt auf jeden Fall dazu an, über seine Träume und Wünsche nachzudenken und vielleicht zukünftig mehr aus seinem Leben zu machen. Von mir bekommt das Buch knappe 4/5 Sterne.



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Jojo Moyes, geboren 1969, hat Journalistik studiert und für die «Sunday Morning Post» in Hongkong und den «Independent» in London gearbeitet. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern auf einer Farm in Essex. Mit ihrem Roman «Ein ganzes halbes Jahr», der aktuell in Hollywood verfilmt wird, gelang ihr international der Durchbruch - auch in Deutschland stand der Roman monatelang auf Platz 1 der Bestsellerliste. (Quelle: Amazon)


 

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